Aus Annas Fluchtbericht

 

"[...] Als Hedwig immer noch nicht zurückkam, ging ich sie suchen in Oliva – fand sie aber nicht. In Oliva aber fand ich Fräulein Jantzen. Sie war allein. Ich nahm sie mit zu Brigitte. Von da an blieben beide zusammen. Brigitte kommt nun in ihre Wohnung wieder zurück. Ein … Jude (?) hatte sie beschlagnahmt. Brigitte wohnt mit ihrem Töchterchen u. Frl. Jantzen in der vorderen kleinen Stube. Sie musste für den Juden (???) kochen. – (Ich hatte ja dann unterdessen Hedwig gefunden und ….

Brigitte verkaufte nun auf dem schwarzen Markt Sachen und konnte sich auch mit Frl. Jantzen ganz gut ernähren. Klein Henriette starb! Keine Milch, keine Nahrung. Wenn das kleine Würmchen einen so ernst mit seinen großen Augen ansah, klaglos – das war doch erschütternd. Brigitte tut mir sehr leid, sie bemühte sich sehr um das Kind – doch vergebens. Sie hat es dann im Grabe ihrer Mutter am Krematorium begraben. Brigitte zog dann mit Frl. Jantzen fort – ins Reich. Vorher verabschiedete sie sich von uns – bringt noch ihre übriggebliebenen Lebensmittel zu uns. Ihr „Mädchen“ ist … gestorben – Brigitte ist … früher als wir aus Danzig geflohen. – Von ihrem weiteren Schicksal weiß ich von ihr nichts. Nur durch eine Bekannte von mir hörte ich, dass sie wohl zu ihrer Schwiegermutter gegangen ist.

Ob ihr Mann noch lebt? Ich weiß es nicht! Sie hat nie an mich geschrieben.

Und alle Gedanken an Tod und Sterben waren wie weggeblasen! Brigitte hatte sogar einen 2. Mantel mit, den ich anziehen konnte. Mittlerweile war es nun soweit, dass wir aufbrechen mussten. Dauernd Beschuss! Wir wurden richtig durch die Feuerlinien getrieben. Jüschkartubenwald – auf die Brant.. Höhen! (Da musste ich tüchtig helfen, den Wagen hinaufzuschieben. Und von dort mussten wir nun sehen, wie Langfuhr angezündet wurde! Wir lagen alle zusammen im Lager. – und wieder kommen die Russen zu den Frauen! Ich konnte mich schützend vor Brigitte legen! 

Als die Nacht vorbei war, hieß es, wir könnten nun wieder in unsere Wohnungen hinein. Unsere deutschen Soldaten waren übrigens noch in Hela und wir konnten … noch hoffen, von ihnen befreit zu werden. So gingen .. Brigitte und ich mit den 2 Wagen, dem Kleinchen und dem Mädchen wieder zurück! Als wir durch den Mirchauerweg kamen, brannte gerade die Wohnung von Friedel (Siegfried Groth, Sohn von Paul Groth) und Ines aus !! Furchtbare Zerstörungen überall! Meine Wohnung war aber verhältnismäßig heil geblieben, nur einige Fensterscheiben kaputt. Der russische Major noch da. Ich frage ihn, ob wir im Haus bleiben dürften. Nein, aber im Bunker. Ein älterer Russe bringt mir ein fettes Kaninchen, ich soll es für sie braten. Soll auch essen, nennt mich Mattka, Mutter!. Sie besorgen Wodka und wir merken, dass sie feiern wollen. Wahrscheinlich den Fall von Danzig."

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Vorstellung einiger Nachkommen von Eugen Groth

Aus Annas Familienbericht: Eugen und Luise